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Margaret Thatcher

Die am 08. April 2013 verstorbene Margaret Hilda Thatcher, die von 1979 bis 1990 Premierministerin des United Kingdom war, hat zeit ihres Lebens große Bewunderung für AP und sein literarisches Werk empfunden. Dabei war die Beziehung des (auch literarischen) Establishments zu Thatcher eher gestört, was durchaus auch umgekehr galt: Thatcher wird in dem lesenswerten Buch «Strange rebels – 1979 and the birth of the 21st century» von Christian Caryl eben als eine auf gewisse Weise eigenartige Rebellin gegen das Hergebrachte, das von der herrschenden Klasse Vorgegebene geschildert, die erste Frau im Amt des Premierministers, die es allerdings vorzog, dort weniger wegen ihres Geschlechts denn als «erste Wissenschaftlerin» wahrgenommen zu werden. Weder aus der Aristokratie noch aus den verflochtenen Bruderschaften von Whitehall und St. James stammend räumte sie mit rigider Kraft erst mit der zu einer völligen Staatsüberschuldung führenden Konsenspolitik, der sich seit Clement Attlee alle Premierminister nach dem II. Weltkrieg (inklusive Winston Churchill) verpflichtet gesehen hatten, und dann mit den Gewerkschaften auf, die das wirtschaftliche Leben Englands mit ihren absurden Forderungen nach immer größerer «sozialer Gerechtigkeit» zu ersticken drohten.

Es gab aber auch ein paar «Tory Literati», die Thatcher rückhaltlos bewunderten, und zwar sowohl als Politikerin als auch als Frau. Zu diesen zählten Kingsley Amis, Cyril Connolly und eben auch AP, die sich häufig zu einem von ihnen selbstironisch so genannten «fascists lunch» in Bertorelli’s Restaurant in der Charlotte Street versammelten. Nach dem ersten Wahlsieg von Thatcher 1979 wurde Kingsley Amis zu einer Party in Downing Street No. 10 eingeladen. Er brachte nicht nur ein Exemplar seines neuen Buches «Russian hide and seek» mit, sondern auch seine Freunde AP und Philip Larkin. Thatcher dankte für das Buch und fragte nach seinem Inhalt. Amis erklärte, es handele sich um die Zukunft Großbritanniens unter russischer Okkupation. Thatcher: «Huh! Can’t you do any better than that? Get yourself another crystal ball!» Schon vor dem Wahlsieg hatten durchaus freundlich Gesinnte wie Amis ihrer Besorgnis Ausdruck verliehen, die Konservativen würden nicht lange genug an der Macht sein, um prinzipielle ökonomische Veränderungen einzuführen. Auch das hat Margaret Thatcher nicht gefallen: «If that’s your attitude, I wonder you haven’t emigrated already!»

Jedenfalls haben sich AP und Thatcher bei dieser Gelegenheit kennengelernt und im ersten Band seiner Memoiren, die die Jahre 1982 bis 1986 behandeln, erinnert AP sich an ein Dinner in 10 Downing Street, als Thatcher zwischen ihm und V.S. Naipaul saß:

«I continue to find Mrs Thatcher very attractive physically. Her overhanging eyelids, hooded eyes, are the only suggestion of mystery (a characteristic I like in women, while totally accepting Wilde’s view of them as Sphinxes without a secret). Her general appearance seems to justify Mitterand’s alleged comment that she has the eyes of Caligula and the lips of Marilyn Monroe; the latter a film star I never, in fact, thought particularly attractive. Mrs Thatcher has a fair skin; hair-do of incredible perfection, rather a dumpy figure, the last seeming to add a sense of down-to-earthiness that is appropriate and not unattractive in its way. She was wearing a black dress, the collar rolled up behind her neck, some sort of gold pattern on it. On her right hand was a large Victorian ring, dark red, in an elaborate gold setting. She only likes talking of public affairs, which I never find easy to discuss in a serious manner… Mrs T. is reputed to have no humour. I suspect she recognizes a joke more than she is credited with, if probably jokes of a limited kind, confined to those who know her well.

David Pryce-Jones told me Fitzroy Maclean reported himself being present when Mrs Thatcher was on an official visit to Jugoslavia as a member of the Opposition. There had been a dinner before meeting Tito, at which a superlatively good-looking Jug of about thirty five had rested his hand on her knee. Mrs T allowed this to remain throughout one course. At the next course his hand began to move up. She took it in both of her own hands, removed it, and said: ‹Perhaps one day. Not now.› When she met Tito on this same jaunt he was in  a bad temper, having just rid of his third or fourth wife. He told Mrs Thatcher that women should not meddle in politics. She replied: ‹I am politics.›»

«I am politics»: Das war in der Tat Thatchers Lebensmaxime und das macht sie – für Freunde wie Feinde – so bemerkenswert und erinnerungswürdig. Nicht wenige, die selbst nach ihrem Tod nichts als Hass in ihre zum Teil sehr persönlichen Nachrufe einfließen lassen konnten; nach Einschätzung ihres Biographen Charles Moore hätte sie, die nie in diesem Leben Gefallen am Konsens fand, große Freude gerade an den verletzendsten Invektiven gefunden: als Beweis dafür, wie tief die von ihr geschlagenen Wunden auch nach Jahrzehnten noch empfunden wurden und wie groß ihr Sieg über ihre Feinde ausgefallen war.

Später hat Thatcher AP zum «Companion of Honour» gemacht, nachdem er 1973 bereits das Angebot, Mitglied des «Order of the British Empire» zu werden, abgelehnt hatte (es war ihm zu beschwerlich, den Leuten erklären zu müssen, dass seine adlige Frau dann immer noch mit Lady Violet und nicht mit Lady Powell anzusprechen gewesen wäre). Die Ernennung von AP zum «Companion of Honour» kurz vor dem Ende ihrer politischen Karriere belegt die Wertschätzung, die AP bei Margaret Thatcher, die ihn auch in ihren Memoiren erwähnt, genoss.